Die Jungs von Kraftclub haben mich ganz tierisch feiern lassen. Und zwar einen Tag nachdem wir ein Wochenende bei meinem besten Kumpel und seiner Freundin in der Hauptstadt verbracht hatte.
Meine Fresse war ich angestrengt! Es fing im Prinzip schon damit an, dass wir auf dem Hinweg, abends um 20.30Uhr im Stau standen. Mitten in der Stadt! Ich glaube ich muss kurz ausholen. Ich stamme aus einer kleinen Stadt im Großraum Dortmund, bin also ein Ruhrpottkind. Ich arbeite auch immernoch dort. Nicht in meiner kleinen Geburtsstadt sondern in einer anderen nicht zu großen Stadt im Ruhrgebiet. Darauf aufbauend kenne ich viele Städte, ich kennen große Städte, ich kenne kleine Städte, ich kenne Städte in denen der Schützenverein ganz oben in der Prioritätsliste steht und ich kenne Städte in denen Clubhopping der Spitzenreiter ist. Ich bin viel rumgekommen, ich habe Tage bis Wochen in unterschiedlichen Bereichen Deutschlands verbracht, ich bin viel gereist seit Kindheit an (Vielen Dank an meine Eltern). Halte mich also für nicht komplett Weltfremd und für nicht komplett horizontbegrenzt.
Was allerdings in dieser Berlinsache so abgeht ist einfach nur… Anarchie! Denn da geht es zu wie in einem Bienenstock und zwar 24Std am Tag, 7 Tage die Woche 365 (teilweise sogar 366) Tage im Jahr! Und das ist sicher nicht nur verkehrt, keine Frage! Eine riesige Stadt, Unmengen an Menschen, Häusern, Autos… Wahnsinn! Und alle sind sie irgendwie freaky auf ihre Art und Weise. Alle sind sie irgendwie freibleibend, man kann in Berlin im großen und ganzen tun und lassen was man will, man kann in Jogginghose mit einem Hut aus Rasen und einer Jacke aus rosa Hasenfell durch die Stadt laufen ohne, dass man groß auffällt. Andererseits ist mir dabei klar geworden wie allein man ist. Mir sind unglaublich viele Menschen aufgefallen die ganz offensichtlich krank waren, Menschen die ganz offensichtlich Suchtkrank sind, viele Menschen an deren Pupillenbewegungen selbst medizinisch nicht vorbelastete Menschen erkennen müssen, dass man es mit einem psychisch kranken Menschen zu tun hat.
„in the belly of a Whale“ ist eine Dokumentation über Berlin und seine Kunstszene. Wirklich gut gemacht! Zumal dort endlich mal wieder die Punkte angesprochen werden die mich an dieser „Modeerscheinung“ Berlin so stören. Denn ich persönlich bekomme den totalen Brechreiz wenn ich dieses „irgendwann muss ich ja mal in Berlin leben“ höre. Denn auf die Frage „Warum Berlin“ höre ich jedes mal das selbe blablabla:
„ich will keinen nine2five job“, „ich will was kreatives machen“, „nur da kann man was neues machen“, „da kann ich sein wie ich will“, „da sind alle kreativen“… aha! Okay! Du willst also kreativ sein? Keinen geregelten Job und du selbst sein? Und was willst du so machen? Malst du? Zeichnest du? Malst du Graffitis? Machst du Musik? Haust du Skulpturen in Stein? Töpferst du? „neee ich wollt mich da mal inspirieren lassen, vielleicht mache ich einen Blog, so mit fashion und Lifestyle…mach so Fotos rein und so…“ Achso, klar. Das ist was neues, kreatives,… macht ja noch keiner. Und womit? „Ja mit nem MacBook macht man das doch.“ Aha?! Geht nur mit nem MacBook? „Jaa weisste die machen das alle so da, kann man auch im Café sitzen und von da aus was machen“ Und Domain, Webspace, CMS schon geklärt? „????“ ja mit welchem System willst du arbeiten? „Ja mit dem Mac System“ *gnarrrrr*….
So oder so ähnlich gehen diese Gespräche vor sich. An dieser Stelle sei gesagt. Ich wünsche jedem Menschen auf dieser Welt (von einigen die mich persönlich sehr verärgert haben mal abgesehen) alles Glück und viel Erfolg, Gesundheit und ein erfülltes Leben! Aber ich möchte kurz einige Dinge anführen über die man vielleicht nachgedacht haben sollte. Eingangs erwähnter bester Kumpel ist nach erfolgtem Studium der Landschaftsarchitektur nach Berlin gezogen, motiviert unter anderem durch seine Freundin die in Berlin studiert. Unter anderem ist er zwischenzeitlich jeden Morgen, ja größtenteils auch an den Wochenenden, 1,5 Stunden zur Arbeit gefahren, mit der U-Bahn, mit 6x umsteigen, Arbeitsbeginn morgens 8Uhr. Partyfaktor daran: 0,0%, zugegeben die Wohnung ist wirklich richtig nett. Allerdings hat es vorher 3 Monate WG Leben in einem Raum mit der Freundin gebraucht um 87 Wohnungen zu besichtigen. Autofahren in Berlin kann man eigentlich komplett vergessen, ein Gedanken von dem man sich direkt verabschieden kann. 10 Minuten Abends zur Party fahren, so wie ich es aus Dortmund kannte. Abhaken. Es gibt unglaublich viele geile Partylocations in Berlin, allerdings ist Berlin nicht Dortmund. Berlin ist riesig und dementsprechend riesig sind die Wege. Das reicht an Fakten meiner Meinung nach.
Was ich sagen will: Ich will nicht nach Berlin! Denn ich bin der Meinung, dass es nur weiter vorwärts gehen kann in Sachen Lifestyle, in Sachen Kunst, egal welcher Art, sei es Graffiti, Musik, Fotografie, Bildhauerei wenn es Menschen gibt die sich trauen ihr Ding zu machen und zwar da wo sie sind. Da wo sie Leben. Egal ob sie da Leben wo sie geboren sind oder da wo das Leben sie hingezogen hat. Ich für meinen Teil habe im letzten Jahr meinen Ruhrpott verlassen und bin dem ruf des Herzens nach Hannover gefolgt. Ob wir für den Rest unseres Lebens hier leben… keine Ahnung. Mag sein, dass es klappt, mag sein, dass es uns noch ganz woanders hinzieht… da gibt es einfach Faktoren wie den Job zum Beispiel. Was allerdings jetzt schon klar ist ist, dass es 1) nicht Berlin sein wird und 2) der Wohnort einfach nicht entscheidend sein kann wenn es darum geht sich selbst zu sehen, sich selbst zu definieren und vor allem nicht entscheidend sein kann wenn es darum geht in welcher Form man sich kreativ ausleben kann. Denn wie ihr hier alle seht, bin ich durchaus in der Lage mit meinem MacBook einen Blog zu machen in dem es um Lifestyle, um Streetart und anderen Hipsterschiggmiggi geht. Ohne in Berlin zu leben! 😉
Vielen Dank dafür, dass ihr euch mein geschnodder hier antut! Viel Erfolg allen Nachwuchshipstern und creative Heads die sich am liebsten nicht durch einen etablierten Namen Beschreiben lassen. Viel Erfolg allen zukünftigen Berliner Bürgern. Und vor allem allen denjenigen die es schaffen sie selbst zu sein. Züge zu bemalen und fette Beats zu machen obwohl sie aus Per-Erkenschwick, Holzwickede, Schwerte, Böblingen, Hooksiel oder Heiligenhafen kommen!
Achja…
In The Belly Of A Whale – Doku:
Kraftclub – Ich will nicht nach Berlin!